Barrierefreies Wohnen – selbstbestimmt und sicher leben

Selbstbestimmt bis ins hohe Alter in den eigenen vier Wänden leben – das wollen alle. Doch nur rund zwei Prozent aller Wohnungen und Häuser in Deutschland sind barrierefrei. Hier lesen Sie, welche Räume barrierefrei gemacht werden können und so für eine neue Lebensqualität im Alltag sorgen.

Es gibt viele Gründe, warum Barrierefreiheit benötigt wird, etwa durch Alter, Unfall oder Krankheit. Barrierefreies Wohnen ist nicht nur für pflegebedürftige oder behinderte Menschen und deren Angehörige wichtig. Auch überdurchschnittlich kleine oder große Menschen, Personen mit körperlichen Schwächen oder Sehstörungen profitieren von einer barrierefreien und altersgerechten Umgebung. Und jeder Wohnraum gewinnt durch die Beseitigung von Barrieren, denn er wird dadurch komfortabler.

Barrierefreies Wohnen – worum geht es?

Ziel ist, dass ein Mensch trotz vorhandener Einschränkungen eigenständig leben kann, idealerweise ohne Hilfe von außen. Aber ein barrierefreies Umfeld hilft auch, Unfälle zu vermeiden, z. B. durch den Abbau von Sturzquellen oder eine bessere Beleuchtung.

Es gibt klare Kriterien, was Barrierefreiheit bedeutet. Technisch festgeschrieben sind diese Maßstäbe für Wohnräume in der DIN-Norm 18040-2. Die strengsten Vorgaben der Barrierefreiheit gelten für Wohnungen, die rollstuhltauglich sein sollen. Hier braucht es insgesamt mehr Bewegungsraum, breitere Türen oder spezielle Einbauten.

Oft kann das nur bei einem Neubau in vollem Umfang umgesetzt werden. Bei vielen Einschränkungen kann es aber auch ausreichen, Barrieren gezielt dort abzubauen, wo sie zu Problemen führen, z. B. im Eingangsbereich oder im Badezimmer. Ergebnis ist dann ein an die individuelle Situation angepasster, barrierearmer Wohnraum, in dem ein selbstständiges Wohnen wieder möglich ist.

Barrierefreier Hauseingang

Der Zugang zur Wohnung muss selbstständig und gefahrlos möglich sein. Typische Hindernisse sind Treppenstufen und schlechte Lichtverhältnisse. Für Rollstuhlfahrer sitzen häufig Klinken, Klingeln und Lichtschalter zu hoch oder es gibt zu wenig Platz zum Rangieren. So kann man nachbessern:

  • Das Außenlicht muss hell genug sein und idealerweise per Bewegungsmelder angehen.
  • Bei nur einer Stufe kann eine feste oder mobile Rampe den Höhenunterschied ausgleichen.
  • Mehrere Stufen oder gar Stockwerke können mithilfe eines Aufzugs, Hub- oder Treppenlifts überbrückt werden. Auch spezielle Handläufe können bei Barrieren helfen. Individuelle Lösungen ermitteln und kalkulieren Fachberater und spezialisierte Handwerker.
  • Türen sollten mindestens 90 cm breit sein. Schwere Haus-, Wohnungs- und Balkontüren sollten durch leichtgängige Türen ersetzt werden, damit auch Menschen mit nachlassender Kraft die Tür problemlos öffnen können. Alternativ kann ein Türöffner-System installiert werden, eventuell auch mit Schließverzögerung. Die Tür wird dann durch Drücken eines Schalters automatisch geöffnet. Wichtig für Rollstuhlnutzer ist, dass entsprechende Schalter mindestens 250 cm vor der sich öffnenden Tür angebracht sind, damit der Betroffene geradeaus hineinfahren kann. Der nötige Bewegungsspielraum wird oft unterschätzt. Es geht um Zentimeter. Richten Sie sich daher unbedingt nach der DIN-Norm.
  • Türen müssen gut erkennbar sein und sich deutlich von der Umgebung absetzen. Bei Glastüren ist zusätzlich darauf zu achten, dass man nicht versehentlich dagegenlaufen kann.
  • Lichtschalter und Türgriffe können versetzt werden, um für alle erreichbar zu sein. Vom Boden aus gemessen sollen Schalter, Briefeinwurf und ähnliche Dinge laut DIN 18040-2 bei 85 cm Höhe liegen und nicht scharfkantig oder versenkt sein. Sehbehinderte und Blinde benötigen Schalter, die sich gut vom Hintergrund abheben oder eine fühlbare Prägung haben.
  • Wird im Zuge eines Umbaus der Bodenbelag im Eingangsbereich erneuert, müssen spezielle Materialien verwendet werden (klassifiziert nach DIN 18040-2), damit der Boden auch bei Regenwetter rutschfest und sicher ist.

Barrierefreie Flure und Übergänge

  • Nach DIN 18040-2 sollen Flure für barrierefreies Wohnen eine Mindestbreite von 1,20 m aufweisen, Rollstuhlfahrer benötigen eine Bewegungsfläche von 1,50 x 1,50 m. Denken Sie auch daran, Flure von Engstellen zu befreien, z. B. Möbelstücke und Dekorationsgegenstände in Durchgängen zu entfernen und Alternativen für sperrige Garderoben und Schuhregale zu finden.
  • Stolperfallen müssen beseitigt werden. Das gelingt etwa, indem lose Teppiche und Kabel festgeklebt oder entfernt werden.
  • Zu schmale Türen werden idealerweise durch breitere Türen ersetzt (laut DIN 18040-2 mindestens 80 cm, für Rollstuhlfahrer 90 cm). Öffnen sich die Türen baulich ungünstig, z. B. in einen schmalen Flur hinein, lösen Schiebetüren das Problem.
  • Türschwellen sind typische Stolperfallen. Sie dürfen, um als barrierefrei zu gelten, maximal 2 cm hoch sein. Höhere Schwellen werden abgebaut oder durch kleine Rampen gängig gemacht.
  • Zu hohe Lichtschalter sollen versetzt, dunkle Ecken durch hellere Lampen oder durch ein neues Lichtsystem mit Bewegungsmelder ausgeleuchtet werden.

Barrierefreie Küche

Das Arbeiten in der Küche birgt Gefahren der Verletzung, da mit scharfen Werkzeugen und heißen Geräten hantiert wird. Ratsam sind hier:

  • Umbauten, die Bewegungsfreiheit schaffen und den Zugang zu Geräten und Schränken erleichtern (Reduzierung von Schränken, evtl. unterfahrbare Schränke, höhenverstellbare Oberschränke, Schubladen statt fester Unterschränke)
  • eine Anpassung der Arbeitsplatte (höhenverstellbar bei unterschiedlichen Nutzern)
  • die Neuplatzierung wichtiger Geräte und Vorräte (gute Erreichbarkeit, sichere Aufbewahrung)
  • das Identifizieren und Entfernen von Gefahrenquellen (defekte Geräte, wackelige Regale). Eine Abstellautomatik für Wasserkocher oder Herd ist zudem hilfreich bei Menschen, die von Demenz betroffen sind oder eine geistige Einschränkung haben.
  • ein sicheres Verstauen von gefährlichen Utensilien, die von sehbehinderten und demenzkranken Angehörigen mit Lebensmitteln verwechselt werden können (z. B. Putzmittel, Medikamente)
  • technische Hilfsmittel und Küchenutensilien, z. B. besonders gut greifbares Besteck. Lassen Sie sich auch hierzu von Fachkräften beraten. Pflegebedürftige Menschen haben Anspruch auf Hilfsmittel aus dem Hilfsmittelkatalog der Kranken- und Pflegekassen.

Barrierefreies Bad

Barrierefreies Wohnen muss nicht nach Pflegeheim aussehen. Design spielt eine zunehmend wichtige Rolle, insbesondere wenn es um die Neugestaltung von Bädern geht. Barrierefrei wird ein Bad durch:

  • ausreichend Platz um Waschbecken und WC, ggf. auch für eine zusätzliche Pflegeperson im Bad
  • die sinnvolle Höhenanpassung von Waschbecken, Toilette, Spiegel
  • eine bodengleiche Dusche als Ersatz für eine Dusch- oder Badewanne, maximale Schwelle 2 cm
  • Haltegriffe bei Dusche, Badewanne, Toilette
  • Anti-Rutschmaterialien für Dusche, Badewanne, Boden im Badezimmer
  • Hilfsmittel (z. B. erhöhter Toilettensitz oder Duschhocker)
  • gut zugängliche Abstellflächen für Toiletten- und Körperpflegemittel
  • eine Schiebetür oder eine sich nach außen hin öffnende Tür
  • verstellbare Armaturen

Mehr Details erfahren Sie in unserem Beitrag Barrierefreies Bad planen.

Barrierefreies Wohn-/Schlafzimmer

Schlaf- und Wohnräume kommen ebenfalls auf den Prüfstand, wenn es um barrierefreies Wohnen geht. Nicht immer müssen gleich Wände versetzt oder neue Möbel angeschafft werden. Manchmal reicht es, mit einer entsprechend geschulten Fachkraft oder mit geschärftem Blick zu bewerten, ob:

  • Sofa, Bett und Schränke gut erreicht werden können. Gibt es genug Bewegungsfreiheit? DIN 18040-2 empfiehlt mindestens 90 cm Raum vor dem Bett, 120 cm neben dem Bett, bei einer Rollstuhl-Wohnung sind 150 cm vor und 120 cm gegenüber nötig. Sind bestimmte Ecken zu eng, werden die Möbel entsprechend umgestellt.
  • der Einstieg und Ausstieg aus dem Bett eigenständig gelingt: Höhenverstellbare Bettgestelle und Lattenroste sowie Aufrichthilfen sind Maßnahmen, um Barrierefreiheit zu erreichen.
  • die Sitzmöbel die richtige Höhe haben, passend zur Körpergröße und körperlichen Einschränkung. Falls nicht, kann z. B. ein Sofa oder Sessel mit höheren Füßen versehen werden.
  • Türen und Fenstergriffe leichtgängig und erreichbar sind: Hier können bei Bedarf Griffverlängerungen oder motorisierte Lüftungssysteme mit Fernbedienung montiert werden.
  • ein Wohnraum selbst abgedunkelt werden kann: Elektrische Jalousien sind inzwischen weit verbreitet, durch intelligente Technik können auch Smartphones oder Tablets Licht, Heizung und andere Geräte steuern (Smart-Home-Technik / Ambient Assisted Living).
  • mindestens ein Fenster so niedrig oder auch bodengleich ist, dass ein kleiner oder immobiler Mensch auch sitzend oder liegend nach draußen sehen kann. Eventuell kann ein Ausguck an einer Balkontür neu eingerichtet werden.
  • Kleiderschränke so eingeräumt sind, dass ein motorisch eingeschränkter Mensch alle notwendigen Kleidungsstücke erreichen und sich selbst ankleiden kann. Hier empfiehlt es sich, Saisonartikel und täglich benötigte Dinge auf Griffhöhe, selten Benötigtes nach oben oder ganz unten einzuräumen – oder höhenverstellbare Schränke zu nutzen.
  • Hilfsmittel benötigt werden, z. B. Greifhilfen, Gehhilfen, Haltegriffe oder Handläufe an bestimmten Stellen (Hilfsmittelkatalog der Kranken- und Pflegekassen).
  • in einer mehrstöckigen Wohnung oder in einem Haus wichtige Räume sinnvollerweise nach unten verlegt werden können, um unnötiges Treppensteigen zu vermeiden.
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