Vor allem Naturfreunde und Umweltbewusste genießen gerne Waldpilz- und Wildgerichte aus der Region. Doch diese können mit Schadstoffen und Schwermetallen belastet sein.
Ökotrend mit Risiken
Pilzpfanne und Wildschweinkeule aus regionaler Herkunft sind beliebt. Sie bringen Abwechslung in den Speiseplan und haben im Gegensatz zu konventionell produzierten Waren keine negativen Auswirkungen auf das Ökosystem. Im Herbst heißt es bei vielen Naturfreunden: Auf die Pilze, fertig, los!
Denn selbst gesammelte Fundstücke in der Pfanne zu schwenken ist ein besonderes Erlebnis im Zeitalter der Massenproduktion und Fertiggerichte. Pilzsachverständige helfen bei der Beurteilung der Essbarkeit. Auch regionales Wildbret ist begehrt. Mehr als 23.000 Tonnen Fleisch von Hirsch, Reh und Co. kamen im Jagdjahr 2013/14 auf die Tische der Verbraucher, so der Deutsche Jagdverband. Nachhaltige, regulierte Jagd hat bei Umweltbewussten oft eine höhere Akzeptanz als die industrielle Tierhaltung. Der heimische Wald bietet ideale Zutaten für nicht alltägliche Gerichte. Doch Pfifferling und Hirschragout können auch Risiken bedeuten.
Die Situation bei Waldpilzen
Im Unterschied zu Zuchtpilzen sind wild wachsende Varianten ungeschützt der Umweltbelastung in ihrer jeweiligen Umgebung ausgesetzt. Daher ist die Frage der Schadstoffbelastung in erster Linie eine des Standorts und weniger der Sorte. Pilze beziehen im Wald ihre Nährstoffe im Wesentlichen aus der oberen Bodenschicht. Dort lagern sich Schadstoffe aus Industrie, Straßenverkehr und Landwirtschaft ab. Das Bundesumweltministerium warnt: Kadmium- und Quecksilbergehalte, aber auch die von Radionukliden können erheblich höher sein als in anderen pflanzlichen Lebensmitteln. Die Folgen des fast 30 Jahre zurückliegenden Reaktorunfalls im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl sind längst nicht überwunden. Die dort freigesetzte Radioaktivität hat sich mit dem Wind verteilt und regnete schließlich vor allem über Bayern ab. Dort registrieren die Geigerzähler nach wie vor erheblich höhere Werte als in anderen Bundesländern.
Belastungen bei Wild
Wildtiere können große Mengen an radioaktivem Cäsium in der Muskulatur anreichern, warnt das Umweltinstitut München. Sie ernähren sich von Waldpflanzen und nehmen daher je nach Jahreszeit mit dem wechselnden Angebot an Nahrung (Pilze, Beeren, Heidekraut usw.) unterschiedliche Mengen an Cäsium auf.
Im Herbst sind die Tiere maximal belastet, denn sie fressen den Sommer über Pflanzen aus der oberflächennahen Bodenschicht mit den höchsten Konzentrationen. Im Frühjahr ist dagegen die Belastung am geringsten, denn in der kalten Jahreszeit besteht die Nahrung hauptsächlich aus unbelastetem Futter, das Förster und Jäger bereitstellen. Freilebende Wildschweine sind von allen Waldtieren mit Abstand am höchsten gefährdet und geraten regelmäßig in die Schlagzeilen. Das liegt an ihrer Vorliebe, in der oberen Waldbodenschicht nach Wurzeln oder Hirschtrüffeln zu wühlen, die stark mit Cäsium belastet sind.
Genießertipps
Ein paar einfache Vorsichtsregeln helfen, belastete Naturprodukte zu meiden. Für Pilzsammler gilt: Straßenrändern und der Umgebung von Industriegebieten aus dem Weg gehen. Dort nehmen die Pilze oft Schwermetalle wie Blei, Quecksilber oder Kadmium auf. Bei gleicher Umweltbelastung reichern sich Schadstoffe unterschiedlich stark in verschiedenen Sorten an. Als „Cäsiumsammler“ gelten der Maronenröhrling und der Semmelstoppelpilz, Arten wie der Schirmling oder der Champignon nehmen dagegen nur geringe Mengen auf. Die am häufigsten gesammelten Sorten Pfifferling und Steinpilz liegen etwa im Mittelfeld. Erwachsene sollten regelmäßig nicht mehr als 250 Gramm gesammelte Pilze in der Woche essen, raten Experten. Gegen den gelegentlichen Verzehr auch größerer Mengen bestehen keine Bedenken. Die radioaktive Belastung von Wildfleisch schwankt stark, da Tiere im Unterschied zu Pilzen den Standort und die Nahrungsquellen wechseln. Als Faustregel gilt: Tiere, die sich immer im Wald aufhalten, weisen höhere Konzentrationen auf als solche, die auch Pflanzen von Wiesen und Feldern fressen.
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