Minusgrade, kurze Tage, Schneefall – zum sicheren Winterwandern müssen Tour und Ausrüstung den Verhältnissen angepasst werden. Thomas Bucher vom Deutschen Alpenverein gibt Tipps, wie Sie optimal vorbereitet durch verschneite Landschaften wandern.
Thomas Bucher
Thomas Bucher (54) arbeitet seit 14 Jahren beim Deutschen Alpenverein als Pressesprecher. In die Berge geht er, seit er laufen kann. Seine Eltern haben ihn schon als kleines Kind mit dem Wandern und Skifahren vertraut gemacht, später kamen andere alpinistische Disziplinen dazu. Und auch heute noch ist er im Sommer und im Winter in den Bergen unterwegs. Am liebsten sind ihm Kletter- und Skitouren.
Sicher winterwandern – darauf sollten Sie achten
Mit den kürzer werdenden Tagen und sinkenden Temperaturen sollten sich Wanderer auf winterliche Bedingungen einstellen. Worauf es ankommt, damit das Wandern auch im Winter ein schönes und sicheres Hobby bleibt, erläutert Thomas Bucher, Pressesprecher beim Deutschen Alpenverein, im Interview.
Herr Bucher, was sollten Winterwanderer beachten?
Als Allererstes müssen Sie die niedrigeren Temperaturen bedenken, das ist das A und O beim Winterwandern! Minusgrade und kalter, eisiger Wind machen eine Tour ganz anders. Es macht zudem einen wesentlichen Unterschied, ob Sie im flachen Land oder im Gebirge unterwegs sind. In den Bergen gibt es neben dem Winterwandern noch das Schneeschuh- und Skitourengehen. Das sind völlig andere Kategorien, die viel mehr Vorbereitung, Ausrüstung und Erfahrung bzw. Anleitung als das Winterwandern erfordern.
Die schnelle Frage zum Thema:
Braucht es eine spezielle Ausrüstung wie Steigeisen, Lawinensuchgerät, Sonde und Schneeschaufel oder Stirnlampe?
Nein, das alles benötigen Sie für das Winterwandern nicht. Sie bewegen sich beim Winterwandern meist auf geräumten, oft sogar ausgeschilderten Winterwanderwegen – entweder in Talnähe, im unproblematischen Gelände bis zu einer bewirtschafteten Hütte oder innerhalb gesicherter Skigebiete. Die rote Linie für Winterwanderer ist genau da, wo die Lawinengefahr anfängt. Sichere Winterwanderungen führen niemals durch Tiefschnee. Das muss man wissen! Geräumte Wege gibt es in der Regel überall, wo es touristische Angebote gibt.
Bleiben wir also beim Winterwandern. Was muss ich bei der Tourenplanung beachten?
Ein Muss bei der Vorbereitung für jede Winterwanderung ist der Blick auf den Wetterbericht. Sie können auch Einheimische, zum Beispiel in Ihrer Ferienunterkunft, nach den Wetteraussichten fragen. Kündigt sich zum Beispiel Schneefall an, bleiben Sie besser in Talnähe. Zu Ihrer Sicherheit gehört auch die angepasste Kleidung. Je kälter es ist, desto wichtiger sind gute, wärmende Klamotten.
Angepasste Kleidung – was würden Sie empfehlen?
Das Wichtigste ist die Unterwäsche. Auf der optimalen wärmenden Unterwäsche fußt das ganze Wohlbefinden beim Winterwandern. Über diesen Underlayer kommt mindestens eine wärmende Schicht, die wir Midlayer nennen. Als Außenschale (Shell) eignen sich eine winddichte und wasserabweisende Jacke, außerdem Mütze, Schal oder Schlauchtuch und Handschuhe. Schicht für Schicht – nach dem Zwiebelprinzip.
Kurz und knapp: das Zwiebelprinzip – Vorteile
- Kälteisolation durch eingeschlossene Luft zwischen den Kleidungsschichten
- Feuchtigkeitstransport von Schweiß nach draußen
- Luftzirkulation durch die Schichtenlage fördert Atmungsaktivität samt Absorption
- Wetteranpassung durch An- oder Ablegen einzelner Kleidungsschichten
Welches Material für welche Schicht?
Winterwandern kann ganz schön schweißtreibend sein. Nasse Klamotten und Kälte vertragen sich aber ganz schlecht. Daher sollten die inneren Schichten aus Synthetik oder aus Wolle bzw. Merinowolle sein: lange Unterhose, langärmliges Shirt, das richtig schön anliegt, sowie warme Socken, bestenfalls aus einer Mischung aus Merinowolle und Synthetik. Das gilt auch für das Wechselshirt oder zusätzliche Funktionswäsche. Ich selbst habe immer auch eine zweite Mütze im Rucksack. Eventuell noch eine zweite Jacke zusätzlich zur wasser- und windfesten Überziehjacke.
Welche Schuhe eignen sich für eine Wintertour, braucht es Schneeschuhe?
Spezielle Winterwanderschuhe braucht es nicht. Es reichen Trekkingschuhe mit hohem Schaft, einer isolierenden Sohle und gutem Profil. Gamaschen sehe ich beim Winterwandern als Kann, nicht als Muss. Wie gesagt, Sie sind ja auf geräumten Wegen unterwegs.
Welche Ausrüstung benötigen Winterwanderer?
Sonnenschutz! Vor allem bei Touren im Gebirge sind Sonnencreme und Sonnenbrille wichtig, auch im Winter. Darüber hinaus brauchen Sie zum Winterwandern keine zusätzliche Ausrüstung. Grödeln vielleicht, wenn es sehr rutschig ist. Die Mini-Steigeisen lassen sich ganz einfach an normalen Wanderschuhen befestigen.
Sind Wanderstöcke für die Wintertour notwendig?
Für Wanderstöcke gibt es beim Wandern keine grundsätzliche Empfehlung. Wer sich mit Wanderstöcken sicherer fühlt, sollte sie auch im Winter nehmen. Sie brauchen dann aber Stöcke mit einer Spitze und Schneetellern. Mit Teleskopstöcken sind Sie flexibler, denn die können Sie einfach am Rucksack befestigen, falls Sie mal eine Strecke ohne Stöcke gehen möchten.
Was packen Sie beim Winterwandern in Ihren Rucksack?
An erster Stelle: ein aufgeladenes Handy. Es reicht aber nicht, das Handy einfach dabei zu haben. Ich stecke mein Handy immer in die Innentasche, möglichst nah am Körper. Bin ich länger unterwegs, nehme ich zusätzlich eine Powerbank mit. Zudem gilt im Gebirge immer, besonders auf Wegen durch dichten Wald mit schlechtem Handyempfang: niemals alleine gehen. So kann der Partner im Notfall Hilfe holen. Wer dann eine Zeit lang in der Kälte wartet, kühlt sehr schnell aus.
Daher gehört auch eine Rettungsdecke in den Rucksack. Ein Erste-Hilfe-Set für die Erstversorgung sollten Sie beim Wandern ohnehin immer dabeihaben, zu jeder Jahreszeit. Bedenken Sie beim Winterwandern unbedingt auch die kurzen Tage. Eine Stirnlampe oder Taschenlampe gehören daher unbedingt in den Rucksack. Ebenso Wechselkleidung. Immer gut ist zudem eine Thermoskanne mit heißem Tee, außerdem Proviant, je nach geplanter Tour und Länge.
Die Vorbereitungen für eine Winterwanderung sind abgeschlossen. Es kann losgehen. Welche Regeln für sicheres Winterwandern sind zu beachten?
Die oberste und auch einzige Regel ist es, wie gesagt, auf den geräumten, gesicherten Wegen für Winterwanderer zu bleiben. Auf Rodelbahnen sollten Sie, ebenso wie die Rodler selbst, aufeinander aufpassen. Auch bei ausgewiesenen Wanderwegen am Rande von Skipisten versteht es sich, nicht mitten auf der Piste zu laufen.
Welchen Rat möchten Sie Winterwanderern noch auf den Weg geben?
Nehmen Sie Rücksicht aufeinander und überschätzen Sie Ihre eigene Fitness nicht. Beim Wandern im Winter sind die Konsequenzen immer dramatischer. Ein schneebedeckter Weg ist viel anstrengender und kraftraubender. Selbst auf geräumten Wegen sind oft Eisplatten unter leichtem Schnee, auf denen man ausrutschen und sich verletzen kann. Mein Rat: Starten Sie mit kleineren Touren, bewegen Sie sich auf einfachen Wegen und folgen Sie den Empfehlungen vom Tourismusverband vor Ort.
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