Wildunfall – was tun?

Jeden Tag stoßen in Deutschland Autos mit Wildtieren zusammen. Wo lauern die größten Gefahren? Und was ist bei einem Wildunfall zu tun? Niki Schelle von „GRIP – Das Motormagazin“ beantwortet zudem im Video die wichtigsten Fragen zum Thema.

Autofahrer wissen oft zu wenig über Wildwechsel und das richtige Verhalten bei drohender Kollision mit einem Wildtier. Der Schreck, plötzlich ein Tier auf der Fahrbahn zu sehen, führt häufig zu Fehlern und Unfällen. Hier finden Sie die wichtigsten Antworten auf die Fragen: Wildunfall – was tun? Und wie kann man ihn vermeiden?

Wie hoch ist das Risiko von Wild auf der Fahrbahn?

Die Versicherungsgesellschaften registrierten 2022 rund 290.000 Unfälle mit Personenschäden. Es entstanden dabei Schäden in Höhe von 940 Millionen Euro, berichtet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Davon wurden 2.268 Unfälle durch Wild verursacht. Laut dem Deutschen Jagdverband (DJV) kommen jährlich bis zu 20 Verkehrsteilnehmer durch Wildunfälle zu Tode, bis zu 3.000 Personen werden verletzt. Die meisten Zusammenstöße gibt es mit Rehen und mit Wildschweinen, so der DJV.

Warnschilder beachten und bremsbereit sein

Wildunfälle können prinzipiell überall passieren. Die Gefahrenschwerpunkte sind oft mit Wildwechselschildern versehen. Diese markieren die bekannten Wege von Rotwild und anderen Wildtieren. Doch viele Autofahrer unterschätzen die Gefahr und ignorieren die Warnschilder. In bewaldeten Gebieten sollte die Regel stets lauten: Fuß vom Gas nehmen und bremsbereit sein – und das bei jedem Wetter! Beim Passieren eines Wildwechselschildes heißt es: Geschwindigkeit reduzieren. Darüber hinaus zählen zu potenziellen Gefahrenstellen Waldgrenzen, Feldränder und Straßen, die durch Waldgebiete führen.

Die schnelle Frage zum Thema:

Sind Ihnen schon einmal Wildtiere vors Auto gelaufen?

Sind Ihnen schon einmal Wildtiere vors Auto gelaufen?

Wie verhalte ich mich richtig, wenn Wildtiere auftauchen?

Plötzlich steht ein Reh am Straßenrand oder auf der Fahrbahn! Was jetzt? Niki Schelle von „GRIP“ rät: „Als Allererstes sollte man das Fernlicht ausschalten, dann bremsen und hupen. Somit hat das Reh Zeit, einen Fluchtweg zu finden.“ Von Ausweichmanövern rät Schelle ab: „Auf jeden Fall niemals in den Gegenverkehr lenken! Sonst riskiert man einen Aufprall mit einem anderen Verkehrsteilnehmer oder donnert gar gegen einen Baum.“ Ist das Tier nach Abblenden, Hupen und Bremsen verscheucht, sollten Sie dennoch weiter bremsbereit sein. Am Straßenrand könnten noch weitere Wildtiere auftauchen, die dem ersten Tier folgen.

Wichtig: Laut Rechtsprechung ist es nicht verhältnismäßig, für sogenanntes Niederwild (Hasen, Katzen und andere Kleintiere) eine Vollbremsung auszuführen. Denn dabei besteht die Gefahr, dass es zu einem Auffahrunfall mit einem Fahrzeug hinter Ihnen kommt.

Video

Niki Schelle, Moderator der Sendung "GRIP – Das Motormagazin", erklärt, worauf man nach einem Wildunfall achten sollte.

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Wildunfall – was tun, wenn es doch passiert?

Nach einem Wildunfall müssen Sie zunächst die Unfallstelle mit einem Warndreieck absichern, die Warnweste anziehen und dann die Notrufnummer 110 wählen. Schaffen Sie das tote Tier an den Straßenrand, um weitere Unfälle zu verhindern.

Aufgrund einer möglichen Tollwutgefahr oder der Übertragung anderer Krankheiten sollten Sie das Tier nicht mit bloßen Händen berühren. Noch lebende, verletzte Tiere sollten besser nicht angefasst werden, weil sie sich wehren könnten. Auf keinen Fall dürfen Sie bei einem Wildschaden das Tier mitnehmen, auch nicht, um es zu einem Tierarzt zu bringen: Dies erfüllt den Tatbestand der Wilderei.

Fahren Sie nach einem Wildunfall einfach weiter, begehen Sie zwar keine Unfallflucht. Aber Sie verstoßen mitunter gegen das Tierschutzgesetz, wenn das angefahrene Tier schwer leidet, Sie als Fahrer jedoch nichts unternehmen.

Was passiert bei einer Kollision mit einem Wildtier?

Zu berücksichtigen sind im Herbst widrige Straßenverhältnisse wie Regen und schlechte Sicht, die zu einem längeren Bremsweg führen. Die Geschwindigkeit des Pkw ist der entscheidende Faktor für den Schaden, der bei einem Wildunfall an Tier, Auto und Mensch entsteht.

Ein Reh, das nur 20 Kilogramm wiegt, hat bei einer Aufprallgeschwindigkeit von 50 Kilometer pro Stunde schon eine Wirkung von 500 Kilogramm. Ein Wildschwein prallt bei 60 Stundenkilometern mit rund 3,5 Tonnen auf das Auto. Das kann schwerwiegende Folgen haben.

Wildunfall – über 80 km/h steigt das Risiko

Die Grafik zeigt: Bei einem Tempo von 80 Stundenkilometern kann der Fahrer sein Auto noch rechtzeitig zum Stehen bringen, wenn 60 Meter vor ihm ein Wildtier auf die Straße springt.

Wildunfall melden

Melden Sie den Schaden so schnell wie möglich. Das gilt auch, wenn sich das Tier vom Unfallort entfernt. Niki Schelle betont: „Man sollte sofort die Polizei rufen. Für die Versicherung brauche ich eine Wildunfallbescheinigung. Diese bekomme ich vom zuständigen Jagdpächter oder vom Förster. Dieser wird von der Polizei kontaktiert und kümmert sich um das tote oder verletzte Tier. Wichtig: Man sollte das Ganze auf jeden Fall dokumentieren, also Bilder von den Wildspuren am Auto machen. Das ist wichtig für die Versicherung.“

Sie können bei vielen Versicherern den Schaden des Wildunfalls schnell und unkompliziert auch online melden. Durch die Online-Meldung können Sie den Bearbeitungsstand in der Regel genau nachverfolgen. Die erhaltene Wildunfallbescheinigung legen Sie bei Meldung des Wildunfalls an Ihren Versicherer als Nachweis über die Schäden vor. Für die Schadenregulierung benötigen Sie mindestens eine Teilkaskoversicherung.

Wie lange habe ich Zeit, einen Wildunfall zu melden?

Theoretisch besteht die Möglichkeit, einen Wildunfall nachträglich bei der Polizei zu melden. Allerdings riskieren Sie dann Ihren Versicherungsschutz. Denn ohne die Wildunfallbescheinigung, die Sie vom Jagdpächter oder vom Förster erhalten, kann keine Schadenregulierung durch die Versicherung erfolgen. Daher sollten Sie einen Wildunfall immer unverzüglich melden.

Wildunfälle: Wer zahlt für den Schaden?

Wird Ihr Auto durch einen Wildunfall beschädigt, übernimmt Ihre Teilkaskoversicherung oder die Vollkaskoversicherung die Kosten für die Reparatur.

Haben Sie bei einem Unfall mit Wildtieren Personen geschädigt, seien es Beifahrer in Ihrem Wagen oder Insassen eines anderen Fahrzeugs, oder sind Sachschäden an anderen Fahrzeugen entstanden, tritt Ihre Kfz-Haftpflichtversicherung dafür ein. Auch für die Beschädigung etwa von Straßenschildern und Leitplanken im Zuge des Unfalls kommt die Kfz-Haftpflichtversicherung auf.

Was ist eine Wildunfallbescheinigung?

Eine Wildunfallbescheinigung ähnelt einem Unfallbericht und enthält genaue Angaben zum Wildunfall samt Skizze zur Art des Tiers und zum entstandenen Wildschaden. Die Bescheinigung stellt der Revierförster bzw. der Jäger oder die Polizei aus, sie wird auch vom Fahrer des Wagens unterzeichnet. Jagdausübungsberechtigter und Polizei haben die Bescheinigungsformulare in aller Regel dabei, Sie brauchen sie als Fahrzeughalter also nicht mitzuführen.

Werden Versicherte wegen eines Wildunfalls hochgestuft?

Ob Sie nach einem Wildunfall in Ihrer Schadensfreiheitsklasse hochgestuft werden, hängt davon ab, welche Versicherung für den Schaden aufkommt. Eine Hochstufung erfolgt nur bei der Kfz-Haftpflichtversicherung und bei der Vollkaskoversicherung. Übernimmt die Teilkasko den Schaden, werden Sie nicht hochgestuft.

Wildschaden: Welche Tiere zählen zum Haarwild?

Eine Vollkaskoversicherung zahlt in der Regel bei jedem Wildunfall. Verfügen Sie nur über eine Teilkaskoversicherung, kann es bei einem Wildschaden entscheidend sein, von welcher Tierart der Unfall verursacht wurde. Nicht bei allen Versicherern ist, der Zusammenstoß mit allen Tieren versichert.

Manchmal beschränkt sich die Schadensleistung auf Haarwild. Die Jägersprache unterscheidet Haar- und Federwild (Wildvögel wie Fasane und Stockenten). Zum Haarwild zählen zum Beispiel Rot-, Dam- und Rehwild (wie Rehe und Hirsche), Schwarzwild (etwa Wildschweine), Füchse, Wisente, Fischotter und Seehunde. Eine umfassende Aufzählung finden Sie in § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesjagdgesetzes.

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