Ob Computer oder Kleiderschrank, Auto oder Handy: Es gibt viele Gründe, mit einer Kaufentscheidung im Nachhinein unzufrieden zu sein. Doch ein Rücktritt vom Kaufvertrag ist nur in bestimmten Fällen möglich.
Im Möbelladen schien alles noch prima. Das schicke Ecksofa war nicht nur bequem, es würde auch gut mit der bestehenden Wohnzimmereinrichtung harmonieren. Schnell noch die Unterschrift unter die Bestellung und die Vorfreude konnte steigen. Aber kaum war das gute Stück ein paar Tage später geliefert, machte sich Ernüchterung breit: So gut wie noch im Geschäft gedacht passte das Sofa doch nicht in den Raum. Ein ärgerlicher Irrtum – doch kann man in diesem Fall vom Kaufvertrag zurücktreten?
Rücktrittsrecht: vertraglich oder gesetzlich
Laut Gesetz gibt es nur zwei Gründe, um einen Kaufvertrag zu lösen: Entweder Sie haben beim Kauf ein vertragliches Rücktrittsrecht vereinbart oder der Verkäufer erfüllt seine gesetzlichen Pflichten zur mangelfreien und pünktlichen Lieferung nicht. Wenn kein vertragliches Rücktrittsrecht (gilt immer vorrangig) existiert, gilt automatisch das gesetzliche. Und dieses setzt das Bestehen von Mängeln voraus. Bezogen auf das Eingangsbeispiel folgt daraus: Nur weil Ihnen ein gekauftes Produkt später nicht mehr gefällt, ist das kein Rücktrittsgrund. Ebenso wenig besteht Anspruch auf Rücktritt vom Kauf, wenn Sie ein Produkt verschleißen oder unsachgemäß benutzen.
Geringfügige und erhebliche Mängel
Liegt am Produkt lediglich ein sogenannter unerheblicher Mangel vor, ist ein Rücktritt vom Kaufvertrag ausgeschlossen. Der Bundesgerichtshof geht von einer solchen Geringfügigkeit aus, wenn die Kosten für die Beseitigung des Mangels fünf Prozent des Kaufpreises nicht übersteigen. Beispiel: Bei einem Neuwagen funktioniert die Einparkhilfe nicht. Die Kosten für eine Reparatur liegen bei 6,5 Prozent des Kaufpreises. Der Käufer darf zurücktreten (BGH, Az. VIII ZR 94/13).
Aber: Haben beide Seiten vereinbart, dass der Kaufgegenstand bestimmte Eigenschaften haben soll, ist jede Abweichung ein erheblicher Mangel.
Nacherfüllung hat Vorrang vor Rücktritt vom Kaufvertrag
Bevor der Käufer jedoch vom Kaufvertrag zurücktritt, muss er dem Verkäufer immer erst Gelegenheit zur Nacherfüllung in Form von Reparatur oder Ersatzprodukt geben. Dafür muss er dem Händler eine angemessene Frist setzen, deren Dauer ausreicht, um das Problem zu lösen. Auf eine Fristsetzung kann der Kunde verzichten, wenn der Händler beide Arten der Nacherfüllung von vornherein verweigert oder diese für den Kunden unzumutbar ist. Der Händler darf sich hier durchaus weigern, wenn die Nacherfüllung für ihn einen unzumutbaren Aufwand mit sich bringt. Weigert der Verkäufer sich oder schlägt die Nacherfüllung fehl, darf der Kunde zurücktreten.
Für die Nacherfüllung gilt generell: Bei einer Reparatur muss der Verkäufer den Mangel nach zwei Versuchen beseitigt haben. Erst wenn die vom Käufer gesetzte Fristsetzung erfolglos abläuft, hat er das gesetzliche Recht auf Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Kosten für eine Nacherfüllung trägt in jedem Fall der Händler.
Sachmängel und Gewährleistungsfristen
Sachmängel können vielfältig sein. Das Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet zwischen folgenden Formen:
- Minderlieferung (bezogen auf die Menge)
- Falschlieferung (bezogen auf die Art)
- Beschaffenheitsmängel (bezogen auf den Zustand)
- Montagemängel (bezogen auf die Funktion)
Bei fehlerhaften Produkten haben Sie als Verbraucher Anspruch auf Gewährleistung; heute wird diese auch als Sachmängelhaftung bezeichnet. Der Rücktritt gehört wie auch der Anspruch auf Nacherfüllung zu den Rechten des Käufers im Rahmen der Sachmängelhaftung des Händlers. Weitere Rechte mit eigenen Voraussetzungen sind die Minderung des Kaufpreises und der Ersatz entstandener Schäden. Die Rechte des Käufers aus der Sachmängelhaftung verjähren nach 24 Monaten bei Neuware. Bei gebrauchten Produkten kann der Händler diese Frist durch seine AGB auf 12 Monate herabsetzen. Fristbeginn ist jeweils der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bzw. bei online gekauften Waren der Zustellung des Produkts. Die Beweislast liegt in den ersten sechs Monaten nach Kauf beim Verkäufer, danach beim Käufer.
Rückabwicklung: Ware hin, Kaufpreis zurück
Einen Rücktritt vom Kaufvertrag müssen Sie dem Verkäufer ausdrücklich mitteilen: am besten formlos schriftlich (per E-Mail, Fax oder Brief) oder alternativ mündlich (mit einer Begleitperson als Zeuge). Sind die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, ist der Rücktritt auch ohne eine Zustimmung des Verkäufers wirksam. Im Zuge der anschließenden Rückabwicklung stellen die Vertragsparteien den Zustand vor Vertragsabschluss wieder her.
Soll heißen: Sie geben den Kaufgegenstand zurück und erhalten den Kaufpreis erstattet. Einen Gutschein müssen Sie übrigens nicht akzeptieren. Sollte Ihnen ein Schaden daraus entstanden sein, dass der Verkäufer die Ware nicht vertragsgemäß oder nicht pünktlich geliefert hat, können Sie zusätzlich Schadenersatz geltend machen.
Ein Beispiel: Das neue Auto ist defekt und steht in der Werkstatt. Der Käufer muss zur Arbeit und nutzt einen Mietwagen. Die Mietwagenkosten stellen für ihn einen Schaden dar. Auch eine Schadenersatzforderung setzt voraus, dass der Kunde dem Händler zuvor erfolglos eine Frist zur Behebung des Mangels oder Ersatzlieferung gesetzt hat. Scheitert die Rückabwicklung, ist anwaltliche Unterstützung empfehlenswert.
Bliebe mit Blick auf das Eingangsbeispiel Ecksofa noch die Frage, welche Möglichkeit Sie im Falle einer falschen Wahl haben. Bei einem normalen Kauf im Laden gegen sofortige Bezahlung keine, aber vielleicht können Sie den Verkäufer kulant stimmen, die Ware zu tauschen oder das Geld zu erstatten. Haben Sie allerdings direkt beim Möbelkauf gleichzeitig eine Finanzierung für das Sofa abgeschlossen, gibt es die Möglichkeit des Widerrufs. Es handelt sich nämlich um zwei verbundene Verträge. Sie können nach § 358 BGB das Verbraucherdarlehen innerhalb von 14 Tagen widerrufen und widerrufen damit gleichzeitig auch den Kaufvertrag.
Sonderfall Widerrufsrecht
Eine Ausnahme vom Rücktritt vom Kaufvertrag bildet übrigens das 14-tägige Widerrufsrecht. Dieses gilt für Online-Käufe, sonstige Verträge, die über das Internet abgeschlossen werden, Finanzierungskäufe und Vertragsabschlüsse außerhalb von Geschäftsräumen (früher: „Haustürgeschäfte“).
Doch auch hier ist Vorsicht geboten, wie ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Oktober 2020 zeigt. Konkret hatte ein Möbelhändler vor dem Amtsgericht Potsdam gegen eine Kundin geklagt, die auf einer Messe eine Einbauküche bestellt und die Order anschließend widerrufen hatte. Weil mit dem Kauf aber noch einige Maßanfertigungen verbunden waren, war hier laut Gericht kein Widerruf möglich (EuGH C-529/19). Denn: Maßanfertigungen nach Kundenwunsch gehören zu den gesetzlichen Ausnahmefällen, in denen das Widerrufsrecht nicht gilt.
den Artikel: