Reerdigung ist eine ganz neue Form der Bestattung. Sie folgt dem Kreislauf und den Gesetzen der Natur – altes Leben geht, neues Leben entsteht. Wie funktioniert eine Reerdigung?
Wenn ein Baum im Wald stirbt, wird er zu Erde. Die Natur handelt hierbei äußerst kenntnisreich und folgt einem klar definierten Prozess. Dieser natürliche Zyklus lässt sich auch auf den Menschen anwenden. Wenn ein Mensch stirbt und man die natürlichen Abläufe in Ruhe wirken lässt, wird auch sein Körper wieder zu Erde.
Die Bestattungsform der sogenannten „Reerdigung“ orientiert sich an den Prinzipien der Natur und dem Kreislauf des Lebens. Durch die Aktivität von natürlichen Mikroorganismen wird der menschliche Körper allmählich in nährstoffreiche Erde umgewandelt. Dank modernster umweltfreundlicher Technologien dauert dieser Prozess jedoch nur 40 Tage anstatt mehrere Jahre oder Jahrzehnte. Altes Leben geht, und aus der entstandenen frischen Erde kann neues Leben gedeihen. Diese frische, nährstoffreiche Erde ist äußerst wertvoll und bietet ideale Bedingungen für das Wachstum neuer Pflanzen und Organismen aus den umgewandelten biologischen Materialien des menschlichen Körpers.
Jeder kann selbst wählen, in welcher Weise er oder sie bestattet werden möchte. In einer Bestattungsverfügung lassen sich alle Details schon vor dem Tod regeln.
Die herkömmlichsten Wege sind übrigens eine Erdbestattung im Sarg oder eine Feuerbestattung mit anschließender Beisetzung der Urne auf einem Friedhof – rund 75 Prozent der Menschen in Deutschland lassen sich mittlerweile verbrennen. Alternativ gibt es die Baumbestattung, bei der nach der Einäscherung die Urne in einem Bestattungswald beigesetzt wird.
Was ist eine Reerdigung und wie läuft sie ab?
Der Begriff „Reerdigung“ setzt sich zusammen aus den Worten „Erde“ und „Beerdigung“. Die Vorsilbe „Re-“ zeigt an, dass etwas zurückgeführt wird – und genau das ist die Idee hinter der Reerdigung: Der Körper wird auf eine möglichst natürliche Art zersetzt und der Erde zurückgegeben. Wie läuft solch eine Reerdigung ab?
- Der Leichnam wird in einen sogenannten Kokon gebettet. Das ist ein Edelstahlbehälter, der mit Stroh, Heu, Blumen und Aktivkohle gefüllt ist.
- Der Kokon wird verschlossen und anschließend regelmäßig belüftet und gedreht, um die Feuchtigkeit gut zu verteilen.
- Die Luft und die natürlichen Stoffe des Substrats bieten Mikroorganismen optimale Bedingungen, sodass sie in nur 40 Tagen den Körper zersetzen. Er wird zu natürlichem Humus.
- Die so entstandene Erde kann nun auf dem Friedhof beigesetzt werden.
Die schnelle Frage zum Thema:
Was passiert mit Knochen und Zähnen bei der Reerdigung?
Mikroorganismen sind in der Lage, den Körper im Kokon zu zersetzen. Oft bleiben jedoch Knochen und Zähne übrig, oder sie zersetzen sich nur zum Teil. Verbleibende Knochen und Zähne werden daher am Ende des Verfahrens fein gemahlen und mit der aus dem menschlichen Körper entstandenen Humuserde vermischt, sodass sie ebenfalls in die Erde gelangen.
Reerdigung im Vergleich zu anderen Bestattungsmethoden
Eine Reerdigung läuft in vielerlei Hinsicht anders ab als eine Erdbestattung oder eine Einäscherung in einem Krematorium. Dies sind die Unterschiede der verschiedenen Bestattungsarten auf einen Blick:
Gesetzliche Rahmenbedingungen für eine Reerdigung
Eine Reerdigung darf derzeit ausschließlich in Schleswig-Holstein durchgeführt werden. Standorte für die Kokons sind aktuell Mölln und Kiel. Die Einbringung der neuen Erde ist zurzeit nur auf Friedhöfen in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg-Ohlsdorf erlaubt. Die Idee der Reerdigung stammt aus den USA, wo das „Recomposing“ seit ein paar Jahren in mehreren Bundesstaaten erlaubt ist.
Was kostet eine Reerdigung?
Eine Reerdigung kostet laut Website des Anbieters 2.900 Euro. Hinzu kommen die Kosten für die Trauerfeier sowie für eine Grabstelle. Allerdings ist die Zahl der Friedhöfe, auf denen der Humus aus einer Reerdigung eingebracht werden darf, bislang noch begrenzt. Daher fallen außerdem Überführungskosten vom Ort der Reerdigung – also Mölln oder Kiel – zu einem der möglichen Friedhöfe an.
Wenn ein geliebter Mensch stirbt, beginnt für die Hinterbliebenen eine Zeit der Trauer. Dennoch müssen sofort viele Entscheidungen getroffen und die Beisetzung bezahlt werden. Das kann für viele Familien auch zu einer finanziellen Belastung führen. Denn die Rechnungen können nicht warten, bis der Erbschein Zugriff auf Ersparnisse oder Geldanlagen gewährt.
Daher sollte man über das endgültige Abschiednehmen nachdenken, solange man noch aktiv im Leben steht. Aus Verantwortung für sich und seine Angehörigen ist es sinnvoll, rechtzeitig einen Weg zu finden, der Ihren Lieben später mehr abnimmt als nur finanzielle Sorgen.
Vorteile der Reerdigung
Für viele ist es ein schöner und tröstlicher Gedanke, dass ihr Körper durch eine Reerdigung nach dem Tod zurück zur Natur gelangt. Daneben gibt es weitere Vorteile, die eine Reerdigung mit sich bringt:
Eine Reerdigung ist nachhaltig, weil dabei weit weniger CO2 in die Atmosphäre entlassen wird als bei einer Verbrennung von Körper und Sarg. Zudem fällt im Gegensatz zu einer Verbrennung im Krematorium kein Sondermüll an. Bei einer klassischen Erdbestattung werden der Sarg und das Zubehör in der Erde nur schwer abgebaut. Unter Umständen gelangen zudem Medikamentenrückstände bei der Zersetzung ins Grundwasser. Bei einer Reerdigung hingegen erzeugen die Mikroorganismen Temperaturen von 70 Grad Celsius, wodurch Krankheitserreger und Medikamentenrückstände zerstört werden. Die im Körper enthaltenen Nährstoffe gehen als frischer Humus zurück in die Erde. Das ist gut fürs Klima und für den Boden.
Nachteile der Reerdigung
Nicht außer Acht lassen sollte man aber auch die Nachteile einer Reerdigung:
- Eine Reerdigung ist eine bislang kaum bekannte und unkonventionelle Form der Bestattung. Das kann bei Angehörigen, aber auch bei Pfarrern oder Bestattungsunternehmern auf Widerstand stoßen.
- Im Gegensatz zu einer Feuerbestattung dauert der Zersetzungsprozess im Kokon recht lange. Die Beisetzung kann daher erst frühestens 40 Tage nach dem Ableben stattfinden.
- Ganz klimaneutral ist auch eine Reerdigung nicht: Zum regelmäßigen Wenden des Kokons muss Energie aufgewendet werden.
- Da es bisher für die Reerdigung nur einen Anbieter in Schleswig-Holstein gibt, muss der Humus auf den Heimatfriedhof überführt werden.
- Bislang gibt es auf Friedhöfen nur wenige Kapazitäten für Reerdigungen.
Wer sich für die Zeit nach seinem Tod eine Reerdigung wünscht, sollte also frühzeitig mit seinen Angehörigen über seine Wünsche sprechen, damit alles Notwendige in die Wege geleitet werden kann.
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